
In Österreich, der Schweiz und Deutschland wurden in der Vergangenheit in den vergangenen ca. 20 Jahren eine Vielzahl von Bildungsprojekten aufgesetzt, die u.a. die Entwicklung von Kompetenzmodellen bzw. Frameworks zur Beschreibung von Kompetenzen auf der Ebene von Lehrenden zum Ziel hatten. Diese Modelle sollen Lehrenden im schulischen, aber auch im außerschulischen BNE-Bildungsbereich Hilfestellungen bei (der Entwicklung) der eigenen Bildungsarbeit geben.

Bei den hier vorgestellten, ausgewählten Modellen und Referenzrahmen können diejenigen Projekte, die mehr oder weniger direkt von der Ebene der nationalen Bildungsadministrationen in Auftrag gegeben bzw. gefördert wurden/werden von weiteren Forschungs- und Entwicklungsprojekten zum Thema BNE unterschieden werden. Alle Projekte beziehen sich konzeptionell wiederum auf die grundlegenden Arbeiten von Weinert bzw. dem DeSeCo-Projekt der OECD (s.o.) und spiegeln in der Formulierung von BNE-Kompetenzbereichen und dazugehörigen Teilkompetenzen vielfach die Ansätze auf internationaler Ebene wieder.
Inhalt:
- Das Kompetenzkonzept der Gestaltungskompetenz in den Modellversuchen BLK-21 und Transfer-21
- Kompetenzmodell einer Bildung für Nachhaltigkeit (2003)
- Kom-BiNE: Kompetenz-Konzept für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (2008) (speziell für Lehrkräfte)
- Rahmenmodell zu BNE-Kompetenzen von education 21
- Kompetenzmodell des Orientierungsrahmens für den Lernbereich Globale Entwicklung
- BNE-relevante Kompetenzen im Bildungsplan 2016 für Baden-Württemberg
Das Kompetenzkonzept der Gestaltungskompetenz in den Modellversuchen BLK-21 und Transfer-21
Mit den Modellversuchen „BLK-21“ (1999–2004) und „Transfer-21“ (2004–2008) wurde versucht, BNE in allen deutschen Bundesländern zu implementieren. Die von de Haan und Harenberg 1998 entwickelte Konzeption sah „Gestaltungskompetenz“ als die zentrale Kompetenz vor, welche Schüler durch BNE erwerben sollten (vgl. Programm Transfer-21, 2007). Das Kompetenzkonzept wurde während der Modellversuche mehrfach verändert und präziser gefasst: „Mit Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung erkennen zu können. Das heißt, aus Gegenwartsanalysen und Zukunftsstudien Schlussfolgerungen über ökologische, ökonomische und soziale Entwicklungen in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit ziehen und darauf basierende Entscheidungen treffen, verstehen und individuell, gemeinschaftlich und politisch umsetzen zu können, mit denen sich nachhaltige Entwicklungsprozesse verwirklichen lassen.“ (de Haan 2008, 31). Aktuell wird diese Gestaltungskompetenz über 12 Teilkompetenzen differenziert (siehe Tabelle).
Teilkompetenzen im Kompetenzmodell der Gestaltungskompetenz

(Tabelle verändert nach de Haan et al., 2008, 188)
Literatur:
Haan, G. de, Kamp, G., Lerch, A., Martignon, L., Müller-Christ, G. & Nutzinger, H.-G. (2008). Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Grundlagen und schulpraktische Konsequenzen. Ethics of Science an Technology Assessment, Band 33. Berlin; Heidelberg: Springer.
Haan, G. de (2008). Gestaltungskompetenz als Kompetenzkonzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung. In I. Bormann & G. de Haan (Hrsg.), Kompetenzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung (S. 23-43). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
Programm Transfer-21 (Hrsg.) (2007). Orientierungshilfe Bildung fur eine nachhaltige Entwicklung in der Sekundarstufe I. Begründungen, Kompetenzen, Lernangebote. http://www.transfer-21.de/daten/materialien/Orientierungshilfe/Orientierungshilfe_Kompetenzen.pdf
Kompetenzmodell einer Bildung für Nachhaltigkeit (2003)
Ergänzend zum Konzept der Gestaltungskompetenz lassen sich nach Rost et al. (2003, S. 10) „… die Anforderungen einer Bildung für Nachhaltigkeit an die zu entwickelnden Kompetenzen(…) in den drei klassischen Bereichen Wissen, Bewerten und Handeln spezifizieren“ (s. Tab.).
Die drei Kompetenzebenen werden folgendermaßen erläutert:
- „Wissen, das auf globale Entwicklungsprozesse ausgerichtet ist, zeichnet sich vor allem durch seinen hohen Komplexitätsgrad aus, dem man am ehesten durch eine systemorientierte Betrachtungsweise gerecht wird […]. Systemkompetenz muss sich auf Wissen aus mehreren Fachdisziplinen stützen, d.h. interdisziplinäre Wissensstrukturen sind konstitutiv für das Konzept der Systemkompetenz“ (Rost et al. 2003, 10).
- Bei Fragen einer nachhaltigen Entwicklung spielen auch Werte aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Kontexten eine Rolle. Entsprechend ist auch Bewertungskompetenz erforderlich, worunter „… die Fähigkeit zu verstehen (ist), bei Entscheidungen unterschiedliche Werte zu erkennen, gegeneinander abzuwägen und in den Entscheidungsprozess einfließen zu lassen“ (Rost et al. 2003, 11).
- Beim Handeln steht die Planung und Gestaltung zukünftiger Entwicklungsprozesse im Fokus und „… setzt hier die Fähigkeit zur Vorhersage zukünftiger Entwicklungen voraus, die Fähigkeit sich Ziele zu setzen, Entwicklungen zu antizipieren und Veränderungsprozesse zu gestalten.“ Diese Qualifikation wird als Gestaltungskompetenz bezeichnet (Rost et al. 2003, 11; vgl. → Das Konzept der Gestaltungskompetenz).
Literatur:
Rost, J., Lauströer, A. & Raack, N. (2003). Kompetenzmodelle einer Bildung für Nachhaltigkeit. Praxis der Naturwissenschaften – Chemie in der Schule, 8, 52, 10-15.
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg & Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Hrsg.) (o.J.). Modul 6: BNE – Arbeitsprozesse kompetenzorientiert planen. Stuttgart.
https://www.nachhaltigkeitsstrategie.de/fileadmin/Downloads/ Publikationen/Bildung/Lehrende/Modul_6_Nachhaltigkeit-lernen.pdf
Kom-BiNE: Kompetenz-Konzept für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (2008) (speziell für Lehrkräfte)

Das vom Österreichischen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur geförderte und an der Universität Klagenfurt durchgeführte Projekt Kom-BiNE (Kompetenz-Konzept für Bildung für Nachhaltige Entwicklung) hatte die Entwicklung eines Planungs- und Reflexionsinstruments für Lehrende im Bildungsbereich zum Ziel. Das entwickelte Modell weist Teilkompetenzen und Handlungsfelder nicht nur für Lehrende als Einzelpersonen, sondern explizit für Lehrenden-Teams aus, um den Charakteristika von BNE hinsichtlich Kooperation und Partizipation Rechnung zu tragen.
Die im Modell formulierten Teilkompetenzen fokussieren entweder stark auf die Ebene des Individuums („wissen & können“, „werten“, „fühlen“) oder auf die Ebene des Teams bzw. auf die Kommunikation, die nach außen gerichtet sind („kommunizieren & reflektieren“, Visionen entwickeln“, „planen und organisieren“ bzw. „netzwerken“). Mit diesen sieben Bereichen folgt das Kom-Bine Modell, wie auch alle anderen vorgestellten Modelle, dem holistischen Kompetenzansatz und weist sowohl kognitive als auch sozio-emotionale und handlungsbezogene Kompetenzen aus. Zudem werden – vergleichbar mit dem CSCT-Modell – diese Kompetenzen in unterschiedlichen sozialen Bereichen verortet, vom Unterrichts- bzw. Lehrsetting, über die eigene Institution, also beispielsweise die eigene Schule, hin zum gesellschaftlichen Kontext.
Literatur:
Rauch, F., Streissler, A. & Steiner, R. (2008). Kompetenzen für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (KOM-BiNE). Konzepte und Anregungen für die Praxis. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (Hrsg.), Wien. https://www.bmbwf.gv.at/dam/jcr:53ebd598-6ae6-4e43-8f5d-991713a48989/bine_kombine_18307.pdf
Rauch, F., Streissler, A. & Steiner, R. (2008 a). Kompetenzen für Bildung für Nachhaltige Entwick-lung für Lehrpersonen: Entwurf für ein Rahmenkonzept. In I. Bormann, & G. de Haan (Hrsg.), Kompe-tenzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 141-157.
Steiner, R., Rauch, F. & Felbinger, A. (Hrsg.) (2010). Professionalisierung und Forschung in der LehrerInnenbildung – Einblicke in den Universitätslehrgang BiNE. Wien: Forum Umweltbildung.
Rahmenmodell zu BNE-Kompetenzen von education 21

Die Stiftung „education 21“ ist das von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren beauftragte nationale Kompetenz- und Dienstleistungszentrum, welches die Implementation und Umsetzung von BNE an Schulen in der Schweiz unterstützt und vorantreibt.
Das von education 21 für die Lernenden entwickelte BNE-Kompetenzmodell übernimmt die drei Schlüsselkompetenzbereiche der OECD (DeSeCo-Projekt) und ordnet ihnen insgesamt 10 Teilkompetenzen (Abb.) zu. Neben der Formulierung dieser (Teil-)kompetenzen werden von education 21 zusätzlich zentrale (Gestaltungs-)prinzipien für die Vermittlung im Unterricht formuliert. Darüber hinaus werden Auswahlkriterien bzw. Entscheidungshilfen für eine Auswahl von geeigneten BNE-relevanten Themen benannt. Diese „BNE-Trilogie“ (Abb.) aus Kompetenzen, Prinzipien und Auswahlkriterien soll Lehrenden die Umsetzung im eigenen Unterricht bzw. Bildungskontext erleichtern.
Didaktische BNE-Triologie im Rahmen von education 21

Links:
https://www.education21.ch/de/publikationen
education 21: BNE: Eine didaktische Trilogie: https://www.education21.ch/sites/default/files/uploads/pdf-d/bne/BNE-Trilogie_2018.pdf
Kompetenzmodell des Orientierungsrahmens für den Lernbereich Globale Entwicklung
In Deutschland wurde von der Kultusministerkonferenz (KMK) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) mit dem Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung ein mit den Zielen von education 21 vergleichbares Modell entwickelt, welches ebenfalls die Implementation von BNE in den schulischen Bereich unterstützt. Der Orientierungsrahmen bezieht sich aktuell auf den Bereich der Sekundarstufe I, wird aber bis zum Jahre 2023 für die Sekundarstufe II ergänzt (KMK & BMZ, 2015).
Der Orientierungsrahmen beschreibt drei Kompetenzbereiche (Erkennen, Bewerten, Handeln) und elf Teilkompetenzen (s. Abb. (KMK & BMZ, 2015, 95). Thematisch ist der Orientierungsrahmen auch auf die SDGs bezogen.
Ferner finden sich nach Aufgabenfeldern sortiert Unterrichtsbeispiele und Vorschläge zu Bezügen zum Globalen Lernen in einzelnen Fächern in dem Orientierungsrahmen. Diese beinhalten auch eine fachspezifische Kompetenzanbindung. Ebenso gibt es Teilausgaben für die Fächer und nun auch fremdsprachige Versionen (Englisch, Französisch, Spanisch), welche über das Eine Welt Internet Portal verfügbar sind.

Tabelle nach KMK & BMZ (Hrsg.) (2016). Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, S. 95
Literatur:
Bludau, M. (2016). Globale Entwicklung als Lernbereich an Schulen? Kooperationen zwischen Lehrkräften und Nichtregierungsorganisationen. Opladen, Berlin & Toronto: Budrich.
EWIK (2020). Eine Welt Internet Konferenz. Portal Globales Lernen. https://www.globaleslernen.de/de/orientierungsrahmen-globale-entwicklung-or-Neuauflage-des-Orientierungsrahmens.
Kultusministerkonferenz (KMK) & Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) (Hrsg.) (2015). Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland/ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2. (aktualisierte und erweiterte) Auflage, Juni 2015. Bonn. https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2015/2015_06_00-Orientierungsrahmen-Globale-Entwicklung.pdf
BNE-relevante Kompetenzen im Bildungsplan 2016 für Baden-Württemberg
Die (neuen) Bildungspläne des Landes Baden-Württemberg von 2016 formulieren sechs zentrale Leitperspektiven – eine davon ist BNE. Diese Leitperspektive wird über sieben Schlüsselbegriffe ausdifferenziert (s. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2016). Analog dazu werden sechs BNE-relevante Kompetenzen konkretisiert (s. Abb. 1) und für die Bildungspläne der einzelnen Fächer weiter spezifiziert (vgl. Modul 6: BNE – Arbeitsprozesse kompetenzorientiert planen, S. 35 ff.).

Literatur:
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (Hrsg.) (2016). Bildungspläne Baden-Württemberg. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/Startseite/BP2016BW_ALLG/BP2016BW_ALLG_LP_BNE
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg & Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Hrsg.) (o.J.). Modul 6: BNE – Arbeitsprozesse kompetenzorientiert planen. Stuttgart.
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