Frameworks und Kompetenzmodelle für BNE-Kompetenzen auf internationaler Ebene

Abb.: Ausgewählte internationale (englischsprachige) Referenzrahmen und Modelle zur Kompetenzentwicklung von Lehrenden und Lernenden

Inhalt:

Das CSCT-Modell (speziell für Lehrkräfte)

Abb.: Zusammenhänge zwischen den Bedeutungsdimensionen und Kompetenzbereichen im CSCT-Modell

Das CSCT-Modell wurde im Rahmen eines EU-Comenius Projekts unter Mitwirkung von 15 Lehrerbildungsinstitutionen in acht europäischen Ländern entwickelt und fokussiert auf die Beschreibung von Kompetenzen für BNE auf der Ebene von (angehenden) Lehrenden: Es wurde für die Lehrkräftebildung entwickelt, um damit der Forderung der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) von 2003 Rechnung zu tragen, Bildung für Nachhaltige Entwicklung sowohl in Curricula auf Schulebene als auch in die Ausbildung von Lehrenden und auch in die Erwachsenenbildung allgemein zu implementieren.

Das Modell weist drei Bedeutungsdimensionen, die für die Ausbildung von Relevanz sind (teacher as an individual – teacher in the educational institution – teacher in the society), drei allgemeine domänenunabhängige Kompetenzbereiche (teaching – reflecting visioning – networking) und fünf für BNE spezifische Kompetenzbereiche (knowledge – systems thinking – emotions – values and ethics – action) aus. Das Modell zielt insgesamt darauf ab, Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen domänenunabhängigen Kompetenzen von Lehrenden und BNE-spezifischen Kompetenzbereichen sowie den verschiedenen Ebenen, auf denen BNE verortet ist und stattfindet, deutlich zu machen. 

Literatur:

Sleurs, W. (Hrsg.) (2008): Competencies for ESD (Education for Sustainable Development) teachers. A framework to integrate ESD in the curriculum of teacher training institutes. Comenius 2.1 project 118277-CP-1-2004-BE-Comenius-C2.1. https://unece.org/fileadmin/DAM/env/esd/inf.meeting.docs/EGC/CSCT_Handbook_11_01_08.pdf

Learning for the Future – Competences for Educators in Education for Sustainable Development (speziell für Lehrkräfte)

Abb.: Die vier übergeordneten strukturgebenden Lernbereiche des „Learning for the Future“ Referenzrahmens
Learning to do – The educator is able to….

Der Referenzrahmen “Learning for the Future” – Competences for Educators in education for sustainable development” wurde von der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE, 2012) als Strategiepapier für die Beschreibung von BNE-Kompetenzen für Lehrende in verschiedenen Bildungskontexten, und somit auch für Lehrkräfte, formuliert. Als Strategiepapier dient es zudem auch der Information und Orientierung von Bildungspolitik und -administration. Es greift die bereits im CSCT-Modell beschriebenen Ziele und Kompetenzen auf und erweitert sie.

Die in dem Modell formulierten Kompetenzen von Lehrenden werden in 4 Lernbereiche (learning to know, learning to live together, learning to do, learning to be) unterteilt, die jeweils drei zentrale Charakteristika von BNE ansprechen: “den holistischen Ansatz”, “den zukunftsorientierten Ansatz” und “den transformativen Ansatz”. Zu diesen drei Charakteristika werden in jedem der vier Lernbereiche relevante Teilkompetenzen formuliert, wie beispielsweise Systemisches bzw. Vernetztes Denken, Vorausschauendes Denken, Problemlösen, aber auch die Fähigkeit zu Kooperation. Ähnlich wie das CSCT-Modell handelt es sich auch bei diesem Modell zunächst um einen allgemeinen Referenzrahmen, der die Ziele von BNE insgesamt „aufspannt“. Des Weiteren geht es auch in diesem Modell wiederum nicht um die Veränderung individuellen Verhaltens, sondern darum, Lehrende, und dann in einem zweiten Schritt auch Lernende, in die Lage zu versetzen, über ihr individuelles Handeln und dessen gesellschaftliche Implikationen zu reflektieren.

Beide Modelle, das CSCT-Modell und das „Learning for the Future-Modell“ sprechen Lehrende sowohl als Individuen mit gesellschaftlicher Verantwortung als auch als professionelle Handelnde an. Des Weiteren haben beide Modelle den Anspruch, sowohl spezifische Kompetenzen für die Förderung von BNE zu beschreiben als auch übergeordnete Bildungsziele und -aufgaben von BNE zu formulieren. Nicht zuletzt dieser Anspruch trägt maßgeblich zur Komplexität beider Modelle bei.

Link:

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Schlüsselkompetenzen für BNE im Rahmen der Agenda 2030

Mit der Agenda 2030 – und den hier formulierten 17 Nachhaltigkeitszielen – wurden von der UNECSO (erneut) Schlüsselkompetenzen für BNE formuliert, sogenannte „cross-cutting key competencies“ (UNESCO 2017, s. Tabelle), die sich – wie auch die anderen Modelle im Sinne eines holistischen Ansatzes von BNE – einem kognitiven, einem sozio-emotionalen und einem verhaltensbezogenen Bereich zuordnen lassen. Zudem wird in diesem Modell die Wichtigkeit von lernförderlichen Gelegenheiten („opportunities“) hervorgehoben, in denen erlernte Fähigkeiten und Fertigkeiten erprobt und reflektiert werden können (Abb.). Neben der Formulierung übergeordneter Bildungsziele und allgemeiner Schlüsselkompetenzen werden mit der Agenda 2030 auch spezifischere Lernziele für die Bearbeitung jedes einzelnen Nachhaltigkeitsziels formuliert, die sich auch wieder den drei genannten Bereichen zuordnen lassen. Zudem werden auch zentrale Beispielthemen für die Förderung von BNE-Kompetenzen sowie die Bearbeitung der SDGs vorgestellt.

Schlüsselkompetenzen für eine Beteiligung am Prozess nachhaltiger Entwicklung

Kompetenz zum kritischen DenkenDie Fähigkeiten,
• Normen, Praktiken und Meinungen zu hinterfragen,
• die eigenen Werte, Wahrnehmungen und Handlungen zu reflektieren und
• sich im Nachhaltigkeitsdiskurs zu positionieren
Kompetenz zum vernetzten DenkenDie Fähigkeiten,
• Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen,
• komplexe Systeme zu analysieren,
• zu überlegen, wie Systeme in verschiedenen Domänen und verschiedenen   Skalen eingebettet sind und
• mit Ungewissheiten umzugehen
Kompetenz zum vorausschauenden DenkenDie Fähigkeiten,
• multiple (mögliche, wahrscheinliche und wünschenswerte) Zukünfte zu verstehen und zu bewerten,
• eine eigene Zukunftsvision zu entwickeln, eigene Visionen für die Zukunft zu entwickeln,
• das Vorsorgeprinzip anzuwenden,
• die Konsequenzen von Handlungen zu beurteilen und
• mit Risiken und Veränderungen umzugehen
Normative Kompetenz Die Fähigkeiten,
• die Normen und Werte zu verstehen und zu reflektieren, die den eigenen Handlungen zugrunde liegen und
• Nachhaltigkeitswerte, -prinzipien und -ziele im Kontext von Interessens- und Zielkonflikten und Trade-Offs, unsicheren Kenntnissen und Widersprüchen zu verhandeln
Kompetenz zur integrierten Problemlösung Die übergreifende Fähigkeit,
• unterschiedliche Problemlösungsrahmen für komplexe Nachhaltigkeitsprobleme anzuwenden und passfähige, inklusive und gerechte Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, die eine nachhaltige Entwicklung fördern und die oben genannten Kompetenzen integrieren
Strategische Kompetenz Die Fähigkeit,
• zur kollektiven Entwicklung und Umsetzung innovativer Maßnahmen, die Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene und darüber hinaus voranbringen 
Kooperationskompetenz Die Fähigkeiten,
• von anderen zu lernen,
• die Bedürfnisse, Perspektiven und Handlungen anderer zu verstehen und zu respektieren (Empathie),
• andere zu verstehen, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen und für sie empfindsam zu sein (empathische Führung)
• mit Konflikten in einer Gruppe umzugehen und
• eine kollaborative und partizipative Problemlösung zu ermöglichen.
Selbstkompetenz Die Fähigkeiten,
• über die eigene Rolle in der lokalen Gemeinschaft und (globalen) Gesellschaft nachzudenken
• kontinuierlich seine Handlungen zu bewerten und sich weiter zu motivieren und
• sich mit den eigenen Gefühlen und Wünschen auseinanderzusetzen
Tabelle nach Engagement Global GmbH (Hrsg.) (2018): ESD Expert Net – Die Ziele für nachhaltige Entwicklung im Unterricht, S. 13 – Quelle: UNESCO (2017): Education for Sustainable Development Learning Objectives, Paris, S. 10
Literatur:

Rieckmann, M. (2018). Learning to transform the world: key competencies in ESD. In A. Leicht, J. Heiss & W. J. Byun (Hrsg.), Issues and trends education for Sustainable Development (S. 39–59). Paris: UNESCO. https://en.unesco.org/sites/default/files/issues_0.pdf

UNESCO (Hrsg.) (2017). Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives. https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-08/unesco_education_for_sustainable_development_goals.pdf

Vereinte Nationen (Hrsg.) (2015): Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25. September 2015. Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf

Links:

https://www.globaleslernen.de/de/bildungsmaterialien/alle/die-ziele-fuer-nachhaltige-entwicklung-im-unterricht?searchterm=ESD+Expert+Net

https://www.unesco.de/bildung/agenda-bildung-2030

https://www.bne-portal.de/bne/de/home/home_node.html

A Rounder Sense of Purpose – RSP Modell

Teilkompetenzen im RSP Modell – Lehrenden und Lernenden Ebene 

Das aktuell von der EU/Erasmus+ geförderte Projekt „A Rounder Sense of Purpose“ kann als Fortführung der Arbeiten der UNECE und UNESCO verstanden werden. Ganz im Sinne des Ansatzes von allgemeinen Schlüsselkompetenzen definiert auch das RSP-Modell zwölf übergreifende Kompetenzen für Lehrende in verschiedensten Bildungskontexten, die den drei Bereichen „Holistisches Denken“, „Visionen für Veränderung“ und „Transformation erreichen“ zugeordnet sind. 

Auch im RSP-Modell wird wiederum der Spagat zwischen der Formulierung allgemeiner, domänenunabhängiger Kompetenzen und Bildungsziele sowie spezifischerer BNE-Kompetenzen deutlich. Jedem der zwölf Kompetenzbereiche werden zum einen sogenannte „Lernergebnisse“ zugeordnet, die bei Lernenden in der Vermittlung erreicht werden sollen, und zum anderen „Komponenten“ für die Lehrkraft formuliert, die die Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermittlung im Schulkontext bzw. pädagogischen Kontext darstellen. Mit dieser Zuordnung von Kompetenzen auf Seiten der Lehrenden und der Lernenden ist das RSP-Modell konkreter als beispielsweise das CSCT-Modell und nimmt Lehrenden zumindest einen Teil der notwendigen Konkretisierungsarbeit ab. Nicht zuletzt werden in den Dokumenten zum RSP-Modell auch bereits Vorschläge für die Vernetzung mit den SDGs vorgenommen. 

Literatur:

Vare, P., Arro, G., de Hamer, A., Del Gobbo, G., de Vries, G., Farioli, F., Kadji-Beltran, C., Kangur, M., Mayer, M., Millican, R., Nijdam, C., Réti, M. & Zachariou, A. (2019). Devising a Competence-Based Training Program for Educators of Sustainable Development: Lessons Learned. Sustainability, 11, 1890.

Links:

Educating with a Rounder Sense of Purpose

https://aroundersenseofpurpose.eu/wp-content/themes/rmwrk/documents/RSP_Competences_DE.pdf (Beschreibung des Kompetenzmodells zum Download auf Deutsch)

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