Studien und Ergebnisse zu Interessen

BNE-relevante Studien zu Alltagsvorstellungen finden sich in größerer Zahl in den Fachdidaktiken, v. a. in der Biologie- und Geographiedidaktik. Sie fokussieren auf den naturwissenschaftlichen Bereich, umfassen aber auch Mensch-Umwelt-Themenbereiche. Im Folgenden wird ein kleiner Einblick gegeben.  

Befunde aus der Geographiedidaktik


Hemmer und Hemmer (2010, 2017, 2021) ermittelten 1995, 2005 und 2015 die Interessen von Schüler*innen der 5. bis 11. Jahrgangsstufen an geographischen Themen, Regionen und Arbeitsweisen. Über alle drei Zeitpunkte hinweg lässt sich feststellen, dass das Interesse an BNE-Themen hoch bis sehr hoch ist. Lediglich Themen zu Georisiken und zum Planeten Erde rangieren an der Spitze, gleich dahinter Themengebiete, die den globalen Entwicklungsproblemen zuzuordnen sind sowie Umweltprobleme.

Eine bedeutsame Rolle spielen jedoch die Kontexte, in denen die Themengebiete vermittelt werden. Von acht verschiedenen Kontexten erwiesen sich bei einer Studie von Bayrhuber et al. (2002) zu geowissenschaftlichen Themen bei allen Jugendlichen besonders die Kontexte individuell, gesellschaftlich und soziale Verantwortung als interessesteigernd. Hemmer und Hemmer (2010) ermittelten in einer weiteren Studie mit Jugendlichen, dass bei Naturrisiken der Inhaltsaspekt „Auswirkungen“, insbesondere auf den Lebensalltag, das höchste Interesse nach sich zog.

Es wurde auch der Einfluss verschiedener Faktoren untersucht. Mädchen zeigten mehr Interesse an Entwicklungsproblemen, bei den Umweltproblemen gab es keine Geschlechterdifferenzen. Bei den Jüngeren sind Themen, die sich mit Natur/Umwelt und besonders Tieren, aber auch mit anderen Ländern und Kulturen beschäftigen, sehr ausgeprägt; in der Pubertät entwickelt sich ein besonderes Interesse für Gerechtigkeitsfragen (vgl. z. B. Hemmer & Hemmer, 2010). Die Lehrkräfte, deren Interesse 2015 mit untersucht wurde, zeigten bei fast allen Themen ein höheres Interesse, aber insgesamt ein ähnliches Profil (Hemmer & Hemmer, 2017).

Bezüglich des Interesses an Arbeitsweisen ermittelten Hemmer & Hemmer (2021), dass die Arbeit mit anschaulichen und handlungsorientierten Methoden und Medien (Experimente, Exkursionen, Arbeit mit Filmen, Projektarbeit) noch vor der Arbeit mit digitalen Medien das höchste Interesse auf sich zogen.

Literatur:

Bayrhuber, H., Hemmer, I., & Hemmer, M. (2002). Interesse an geowissenschaftlichen Themen. Ergebnisse einer Interessenstudie im Rahmen des Projektes „Forschungsdialog System Erde“. geographie heute, 22(202), 22-27.

Hemmer, I. & Hemmer, M. (2010). Interesse von Schülerinnen und Schülern an einzelnen Themen, Regionen und Arbeitsweisen des Geographieunterrichts – ein Vergleich zweier empirischer Studien aus den Jahren 1995und 2005. In I. Hemmer & M. Hemmer (Hrsg.), Schülerinteressen an Themen, Regionen und Arbeitsweisen des Geographieunterrichts. Ergebnisse der empirischen Forschung und deren Konsequenzen für die Unterrichtspraxis (S. 65-145). Geographiedidaktische Forschungen 46. Hochschulverband für Geographie und ihre Didaktik e.V. (Selbstverlag).

Hemmer, I., & Hemmer, M. (2017). Teachers’ Interests in Geography Topics and Region –How they Differ from Students’ Interests. Review of International Geographical Education, 7(1), 9-23. http://rigeo.org/volume-7-number-1-spring-2017/ Hemmer, I., & Hemmer, M. (2021). Das Interesse von Schülerinnen und Schülern an geographischen Themen, Regionen und Arbeitsweisen – ein Bundeslandvergleich zwischen Bayern und Nordrhein-Westfalen. Zeitschrift für Geographiedidaktik 49(3), 3-24. https://doi.org/10.18452/22789

Befunde aus der Biologiedidaktik


Scheersoi et al. (2019) tragen die empirischen Befunde der Biologiedidaktik zur Interessenforschung zusammen. Im Folgenden werden die Befunde mit BNE-Relevanz hervorgehoben. In der Studie von Holstermann und Bögeholz (2007) kommt zum Ausdruck, dass Mensch-Umwelt-Themen und zoologische Themen für beide Geschlechter ein höheres Interesse finden als botanische Themen. Pflanzen der eigenen Umwelt werden kaum wahrgenommen und in ihrer Bedeutung für die Biosphäre nicht erkannt. Leske und Bögeholz (2008) stellten fest, dass bei Mädchen ein höheres Interesse an Natur zu verzeichnen ist. Jördner und Hamann (2009) ermittelten, dass die Eigenschaften eines Themas eine Rolle spielen. Themen, bei denen eine persönliche Relevanz oder eine Relevanz für die Gesellschaft gesehen wird, werden als interessant eingestuft, so z. B. das Thema Umweltbelastung. Darüber hinaus wurde auch die Bedeutung des Kontextes erkannt, speziell der Kontext „Bedeutung für die Umwelt“ erwies sich dabei als relevant. Leske und Bögeholz (2008) sowie Leske (2009) konnten nachwiesen, dass die Faktoren „wertbezogenes Interesse an der Natur“ und „emotionales Interesse an der Natur“ großen Einfluss auf die Handlungsbereitschaft zum Erhalten der biologischen Vielfalt hatten und die Bereitschaft zum Umweltschutz haben. In der Biologiedidaktik wurden mehrere Interventionsstudien mit interesseförderndem Unterricht durchgeführt, die teilweise BNE-Themen berühren, aber nicht explizit darauf ausgerichtet sind. Näheres dazu ist bei Scheersoi et al. (2019) nachzulesen.

Scheersoi et al. (2019) berichten auch über Studien bezüglich von Interesse an Tätigkeiten. Handlungsorientierte Tätigkeiten, die Laborarbeit und technische Medien einbezieht, erwiesen sich als wirksam. Bedeutsam ist es, dass die Tätigkeiten nicht nur Hands-on erfolgen, sondern unter Einbezug von Reflexion (Potni & Hasvin, 2014). Hohes Interesse fanden eigenständige Planungen und Untersuchungen. Untersucht wurden auch die Interaktionen zwischen Themen und Tätigkeiten (Jördens & Hammann, 2019). Filme rangierten bei den Tätigkeiten ganz oben, Texte ganz unten. Eine Kombination von einem wenig interessanten Thema mit einer interessanten Tätigkeit führte nicht unbedingt zur Interessensteigerung.

Literatur:

Scheersoi, A., Bögeholz, S., & Hammann, M. (2019). Biologiedidaktische Interessenforschung: Empirische Befunde und Ansatzpunkte für die Praxis. In J. Groß, M. Hammann, P. Schmiemann, & J. Zabel (Hrsg.), Biologiedidaktische Forschung: Erträge für die Praxis (S. 37-55). Springer.

Holstermann, N., & Bögeholz, S. (2007). Interesse von Jungen und Mädchen an naturwissen- schaftlichen Themen am Ende der Sekundarstufe I. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften 13, 71-86.

Jördens, J., Hammann, M. (2021). Driven by Topics: High School Students’ Interest in Evolutionary Biology. Research in Science Education 51, 599–616. https://doi.org/10.1007/s11165-018-9809-5

Leske, S. (2009). Biologische Vielfalt weltweit und regional erhalten – Einflussfaktoren für Handlungsbereitschaften von Schüler(inne)n der Sekundarstufe I und II. [Dissertation, Georg-August-Universität Göttingen]. https://ediss.uni-goettingen.de/handle/ 11858/00-1735-0000-0006-AD68-2?locale-attribute=de

Leske, S., & Bögeholz, S. (2008). Biologische Vielfalt lokal und global erhalten. Zur Bedeutung von Naturerfahrung, Interesse an der Natur, Bewusstsein über deren Gefährdung und Verantwortung. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 14, 167-184.

Potvin, P., & Hasni, A. (2014). Interest, motivation and attitudes towards science and technology at K-12-levels: a systematic review of 12 years of educational research. Studies in Science Education, 50(1), 85-129.

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